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Johannespassion (L.Lechner)

(Upload von Gerhardt Marquardt)


Leonhard Lechner
Historia der Passion und Leidens unsers einigen Erlösers und Seligmachers Jesu Christi
nach dem alten lateinischen Kirchenchoral mit vier Stimmen componiert

Erster Teil

Das Leiden unsers Herren Jesu Christi aus dem Evangelisten Johannes.
Da Jesus solches geredt hatt, ging er hinaus mit seinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein Garten, in den ging Jesus mit seinen Jüngern. Judas aber, der ihn verriet, wußte den Ort auch, denn Jesus versammelt sich oft daselbst mit seinen Jüngern. Da nun Judas zu sich hatte genommen die Schar und der Hohenpriester und Pharisäer Diener, kommt er dahin mit Fackeln Lampen und mit Waffen. Als nun Jesus wußte alles, was ihm begegnen sollte, ging er hinaus und sprach zu ihnen: "Wen suchet ihr?" Sie antworten ihm: "Jesum von Nazareth." Jesus spricht zu ihnen: "Ich bins." Judas aber, der ihn verriet, stund auch bei ihnen. Als nun Jesus zu ihnen sprach: "lch bins," wichen sie zurück und fielen zu Boden. Da fragte er sie abermals: "Wen suchet ihr?" Sie aber sprachen: "Jesum von Nazareth." Jesus antwortet: "lch habs euch gesagt, daß ichs sei; suchet ihr denn mich, so lasset diese gehn." Da hatte Simon Petrus ein Schwert und zog es aus und schlug nach des Hohenpriesters Knechte und hieb ihm sein recht Ohr ab. Da sprach Jesus zu Petro: "Steck dein Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?" Die Diener aber bunden ihn und führeten ihn aufs erste zu Hannas. Der fraget Jesus um seine Jünger und um seine Lehre. Jesus antwortet ihm: "Ich habe frei öffentlich geredt vor der Welt, ich hab allzeit gelehrt in der Schul und im Tempel; frag die, so es gehöret haben!" Ein Diener aber, so dabei stund, gabe Jesu einen Backenstreich und sprach: "Sollst du dem Hohenpriester also antworten?" Jesus antwortet: "Hab ich übel geredt, so beweise es, daß bös sei; hab ich aber recht geredt, warum schlägst du mich?" Und Hannas sandte ihn gebunden zu dem Hohenpriester Kaiphas.

Zweiter Teil

Simon Petrus aber stund und wärmet sich; da sprachen sie zu ihm: "Bist du nicht seiner Jünger einer?" Er verleugnet aber und sprach: "Ich bins nicht." Und alsobalde krähet der Hahn. Und Petrus gedacht der Wort Jesu und ging hinaus und weinet bitterlich. Jesum aber führten sie von Kaipha in das Richthaus. Da ging Pilatus zu ihnen heraus und sprach: "Was bringet ihr für ein Klage über diesen Menschen?" Sie antworten und sprachen: "Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten dir ihn nicht überantwortet." Da rief Pilatus Jesu und sprach zu ihm: "Bist du der Juden König?" Jesus antwortet: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Da sprach Pilatus: "So bist du dennoch ein König?" Jesus antwortet: "Du sagsts. Ich bin dazu geboren und in die Welt kommen, daß ich die Wahrheit zeugen soll; wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme." Spricht Pilatus zu ihm: "Was ist Wahrheit?"
Und ging wieder hinaus zu den Juden und sprach zu ihnen: "Ich finde keine Schuld an ihm; wollt ihr nun, daß ich euch der Juden König losgebe?" Sie schrieen all: "Nicht diesen, sondern Barrabam!"

Dritter Teil

Da nahm Pilatus Jesum und geißelt ihn, und die Kriegsknecht flochten eine Krone von Dornen und setzten sie ihm auf sein Haupt und legten ihm ein Purpurkleid an und sprachen: "Sei gegrüßt, lieber Judenkönig!" und gaben ihm Backenstreich. Da führet ihn Pilatus heraus und sprach zu den Juden: "Sehet, welch ein Mensch?" Sie aber schrieen: "Weg, weg, weg! Kreuzige ihn!" Da sprach Pilatus: "Soll ich euren König kreuzigen?" Die Hohenpriester antworten: "Wir haben keinen König, allein den Kaiser!" Da überantwortet er ihn, daß er gekreuzigt würde. Sie nahmen aber Jesum und führeten ihn hin, und er trug sein Kreuz und ging hinaus zu der Stätte, welche heißet Schädelstatt. Da kreuzigten sie ihn und mit ihm zween andere zu beiden Seiten, Jesum aber mitten inne.

Vierter Teil

Pilatus aber schrieb ein Überschrift und heftet sie auf das Kreuz, und war geschrieben hebräisch, griechisch und lateinisch: "Jesus von Nazareth, der Juden König." Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schütteln ihre Häupter und sprachen: "Pfui dich, wie fein brichst du den Tempel und bauest ihn in dreien Tagen; hilf dir selbst! Bist du Gottes Sohn, so steig herab vom Kreuze!"

Fünfter Teil

Jesus aber betete und sprach: "Vater, vergibe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Und als er seine Mutter sah und den Jünger dabei stehn, den er lieb hatt, spricht er zu seiner Mutter: "Weib, siehe, das ist dein Sohn!" Danach sprach er zu dem Jünger: "Siehe, das ist deine Mutter." Der Übeltäter aber einer, so zu seiner Rechten hänget, sprach zu ihm: "Herr, gedenk an mich, wann du in dein Reich kommest!" Und Jesus sprach zu ihm: "Wahrlich, wahrlich sag ich dir, heut wirst du bei mir sein im Paradiese." Daß aber die Schrift erfüllet würde, sprach er: "Mich dürstet." Sie aber reichten ihm Essig in einem Schwamm. Und Jesus schrie laut und sprach: "Eli, lama asabthani?" Das ist: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Und wiederum sprach er: "Es ist vollbracht." Und abermal rief er laut: "Vater, in deine Hände befehl ich meinen Geist!" und neigete das Haupt und verschied.

Conclusio

Der Du für uns gelitten hast, erbarme Dich unser, o Jesu!






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